Wenn wir von heimischen Craftbier-Stilen sprechen, darf ein Bier natürlich nicht fehlen: der Eisbock! Und mit dem ist es schon irgendwie komisch. Erfunden worden sein soll dieser Bierstil in Kulmbach, was mich als geborenen Kulmbacher natürlich schon ein wenig stolz macht, denn sind wir mal ehrlich: Es gibt biertechnisch in Kulmbach ja nicht mehr so viel, worauf es man so richtig stolz sein könnte, mal abgesehen von der Kulmbacher Kommunbräu. Oder man wäre Absatzzahlenfetischist. Aber, auch wenn ich in Sachen bier mal gerne dieser oder jener „Perversion“ abseits des Reinheitsgebots fröne – im Moment habe ich zum Beispiel eine Flasche Australian Native Wattleseed Pepperberry Ale zu Hause. Für all meine traditionellen Bierfreunde wäre sowas schlicht und ergreifend der Gipfel jeglicher Bierperversion!
Aber ich schweife ab, denn Akaziensamen und Pfefferbeeren sind nicht genuin Zutaten für deutsches Bier. Und ich wollte ja über einen Eisbock schreiben und darüber, dass das eine Biersorte ist, die auf große Resonanz trifft – außer vielleicht in Kulmbach. Da soll ja um die Jahrhundertwende – so will es die Kulmbacher Chronik laut Homepage der gleichnamigen Brauerei AG wissen – an einem strengen Wintertag Fässer mit Bockbier draußen vergessen haben. Und die sollen dann eingeschneit und erst bei der nächsten Schneeschmelze wieder entdeckt worden sein. Das Wasser sei gefroren, die Fässer geplatzt und in einer Blase im Eis soll sich der so konzentrierte Eisbock befunden haben. So oder so ähnlich wird die Geschichte seither kolportiert.
Die Idee, einem Starkbier via „Eisrifing“ Wasser zu entziehen, wenden mittlerweile nicht mehr nur die Kulmbacher an. Und es ist fast schon bezeichnend für die Firmenpolitik in der Plassenburg-Stadt, dass zum Beispiel Schneider mit seinem Aventinus Eisbock den bekanntesten Vertreter dieser Art braut, während man selbst in Bamberg dein Kulmbacher Eisbock geradezu suchen muss – und wenn, dann nur im Sixpack zwischen anderen nationalen Sixpackherstellern findet. Eine SPEZIALITÄT vermarktet man anders, liebe Kulmbacher! Aber wer lieber sein nicht gerade berückendes Edelherb und dessen alkoholfreies Geschwister in den Vordergrund stellen muss …
Aber ich will zurück zum Eisbock kommen und damit auch zu einem Beispiel, wie man so eine Bierspezialität wirklich vermarktet. So wie die Brauerei Faust zum Beispiel. Da gibt es den Eisbock als Jahrgangsbier … also mit Jahreszahl und limitierter Flaschennummer auf dem Etikett. Das wirkt in Zusammenhang mit der edlen Flasche wirklich hochwertig. Dagegen verramschen die Kulmbacher ihren Bock richtiggehend. Aber der Kulmbacher darf auch noch 10 Monate im Faust-Bierkeller in ausgewählten Holzfässern reifen. Und das macht sich geschmacklich bemerkbar. Der dunkle Bock ist schwer, süß, zeigt Aromen von Rosinen, Marzipan, Karamell, … Ein echter Hammer und in dem Bereich sicher „state of the art“. Vor allem der Alkohol – immerhin 11,5 % – kommt schön durch, so dass sich mancher sicher fragen wird, ob das tatsächlich noch Bier oder nicht doch schon Likör ist. Vor allem, wenn man sich die sehr schönen Sherry-Aromen auf der Zunge zergehen lässt.
Auf alle Fälle ist der Eisbock der Hammer! Und im Vergleich zu einem bisweilen kernigeren Barley-Wine vielleicht sogar das elegantere, wenn auch süßere Bier. So, liebe Kulmbacher, geht man mit der Legende vom Eisbock um. Aber gut, dann müsst ihr euch halt nicht nur von Schneider Weisse, sondern mittlerweile auch von der Brauerei ausFaust in Sachen Eisbock vorführen lassen! Denn das Budget für einen echten Bierkeller und ein paar interessante Fässer sollte sich im Kulmbacher-Konzern ja finden lassen.
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