Als gestern bei der Verleihung der European Beer Star Awards 2014 Dr. Gloßner, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Privaten Brauereien, gestern die Laudatio für das Bamberg Rogg’t der Braumanufaktur Weyermann® hielt, sagte er einen Satz, den ich in Bezug auf diese Brauerei häufiger höre. Sinngemäß meinte er, dass die Brauerei den Verband erst einmal davon habe überzeugen müssen, dass es die Biere auch im freien Verkauf gebe.

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Wie gesagt, das ist ein Satz, den ich nicht zum ersten Mal höre. Bei den meisten Aufzählungen der Bamberger Brauereien lässt man die Weyermann®’sche Braumanufaktur unter den Tisch fallen – stets mit demselben Argument: Die Biere gäbe es ja nirgends im Verkauf. Von vielen wird die Brauerei „nur“ als Versuchsbrauerei angesehen. Da mag dazu kommen, dass da locker über 300 verschiedene Rezepturen zusammenkommen können. Für uns an Kontinuität in Sachen Bier gewöhnte Franken fast schon ein Unding! Umso wichtiger sind „Stammsorten“, die neben dem Verkauf im hauseigenen Fan-Shop auch sonst in der Stadt wahrgenommen werden.

OLYMPUS DIGITAL CAMERASo schenken mittlerweile das Cafe Abseits und die Weinstube Pizzini in Bamberg durchgängig Weyermann®-Biere aus. Unter anderem mag auch das den Verband der Privaten Brauereien überzeugt haben.

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Eine der oben erwähnten „Stammsorten“ ist das Bamberger Hofbräu Lager. Und über dieses Bier könnte man eigentlich ganze Bücher schreiben. Denn obwohl erst 1885 als Bamberger Exportbierbrauerei Frankenbräu gegründet gäbe alleine die Geschichte der Bamberger Hofbräu genügend Stoff dafür her.

Bamberger HofbräuDie ehemals in Bamberg Ost (unweit vom Cafe Abseits) gelegene Brauerei wäre ein typisches Beispiel für die wechselvolle Geschichte des jüdischen Bürgertums nicht nur in Bamberg. Gegründet wurde die Brauerei von Simon Lessing und nach dessen frühem Tod übernahmen der in Bamberg allseits bekannt Willy Lessing und dessen Mutter die Leitung der Brauerei. In den Zwanzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts stieg die Bamberger Hofbräu AG sogar zu einer der größten Brauereien Frankens auf. Bis zu 280.000 Hl/Jahr sollen in dieser Zeit produziert worden sein. 1932 wurde Willy Lessing für sein bürgerschaftliches Engagement mit dem Ehrenzeichen des Roten Kreuzes ausgezeichnet.

OLYMPUS DIGITAL CAMERAIm Zuge der nationalsozialistischen Machtübernahme und Gleichschaltung wurde auch die Bamberger Hofbräu arisiert. Während seine Frau und sein Sohn auswanderten. blieb Willy Lessing in Bamberg. Während der sogenannten Reichskristallnacht wurde Willy Lessing so schwer misshandelt, dass er zwei Monate später den Folgen seiner Verletzungen erlag. In Bamberg gedenkt man seiner übrigens mit der Willy-Lessing-Straße.

OLYMPUS DIGITAL CAMERADer Rest der Brauereigeschichte ist relativ schnell erzählt – und ebenso typisch für die Zeitläufte: Bis in die Siebzigerjahre geht es der zweitgrößten Brauerei Oberfrankens wirtschaftlich gut. Aber dann trennt sich der Mehrheitseigentümer von seinen Aktien und die Schickedanz-Gruppe übernimmt die Brauerei. 1977 endet dann die Geschichte der Bamberger Hofbräu AG. Der Brauereibetrieb wird stillgelegt, die Gebäude werden abgerissen. Heute befindet sich auf dem riesigen Areal ein Wohngebiet und die AOK/Bamberg – und damit teilt die Hofbräu AG das Schicksal so vieler Brauereien in dieser Zeit. Die Marke wird laut franconian beerguide noch bis in die Neunziger weitergeführt. Ach ja, in der Stadt am Fuße des Dombergs gibt es noch die „Brauereigaststätte“, das Hofbräu. Aber dort besteht die Biervielfalt in einzelnen Bieren der Radeberger-Gruppe. Hofbräu gibt es – soweit ich weiß – im Hofbräu nicht.

HofbräuWann dann die Malzfabrik Weyermann® die Markenrechte dafür übernommen hat, kann ich nicht sagen. Jedenfalls hat man sich dazu entschlossen, das Lager der Bamberger Hofbräu wieder aufleben zu lassen.

Hofbräu LagerUnd als ob das nicht schon genügend interessante Geschichten wären, braut man bei der Braumanufaktur Weyermann® nicht einfach mal nur so ein helles Lager. Das Hofbräu Lager wird nämlich ausschließlich mit Pilsner Malz und Wiener Malz der Gerstensorte Barke hergestellt. Und damit stemmt man sich gegen einen Trend auf dem Agrarmarkt. Dort kann man nämlich nahezu jährlich neue, ertragreichere und noch resistentere Gerstensorten finden. Klar, der Biermarkt ist kritisch, die Rohstoffkosten ein wichtiger Faktor. Da versucht man eben jene Kosten zu optimieren. Alte oder ältere Sorten gehen da schnell verloren. 2006 schreibt das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung noch in Informationsmaterialien zum Öko-Landbau für den Unterricht an Berufs- und Fachschulen: „Für Barke besteht generell Abnahmebereitschaft. Mit Ausnahme ausgesprochener Spätreifegebiete eignet sich Barke für alle Braugerstenstandorte.“ Aber betrachtet man den Erntebereicht für Braugerste aus dem Jahr 2008 spielt Barke schon keine Rolle mehr. Und bis 2014 schaut es nicht anders aus. Barke spielt keine Rolle mehr. Und dennoch schwören manche Brauer auf diese Sorte. Besonders vollmundig sollen die Biere werden, heißt es. Das 2011er Jubiläums-Wiesnbier soll Barke-Malz enthalten haben, konnte man damals in der SZ lesen. Auch beim Greifenklau Pils gab Barke den Malzkörper. Und hier und da hört man noch vom einen oder anderen traditionellen „Kultbier“, bei dem Barke dabei sein soll.

Schmeckt ein helles Lager mit Barke also wirklich phänomenal anders? Das ist schwer zu sagen ohne den direkten Vergleich. Den hatte ich weder im Cafe Abseits, als Gerhard und ich das Bier mal zusammen verkostetet hatten, noch gestern auf der BrauBeviale, auf der mir das Bier wieder über den Weg lief. Wobei mir wieder einfiel, dass ich ja noch gar nicht darüber geschrieben hatte.

Hofbräu Lager

 Dass bei dem Bild kaum Schaum im Glas ist, ist dem Messerummel geschuldet und hat mich jetzt auch nicht weiter gestört. Als wir es im Abseits verkostet hatten, gab es in der Hinsicht nichts zu bemängeln. Und auch die Flaschem, die ich mir heute Nachmittag zur Rehabilitation des Schaumverhaltens besorgt hatte, zeigte eine schöne Schaumentwicklung.

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Genial ist auch, dass „die Weyermänner®“ sehr großzügig in Sachen Rezepte sind. Ob Malzschüttung (85 % PiM, 15 % WieM), Maischeprogramm, Hopfen oder Hefe … man erhält fast alle Infos, mit denen man so ein Bier nachbrauen könnte.

Bamberger Hofbräu Lager

Geschmacklich steht klar das Malz im Vordergrund. Das darf bei einem hellen Lager sein. Und das macht das Bier durchaus süffig, stören tut da nichts. Das hat das Bamberger Hofbräu Lager mit vielen anderen hellen Lagerbieren gemein. Zusammen mit dem Hopfen ergibt das eine recht frische Anmutung und einen „halbtrockenen“ Charakter: ein wenig fruchtig, malzig, frisch … Beschweren kann man sich da nicht. Was das Barke-Malz nun im Vergleich zu anderen Gerstensorten anders macht – da muss ich wie gesagt passen. Ein volleres Aroma soll den niedrigeren Ertrag der Sorte ausgleichen. Außerdem hat Barke wohl mehr Eiweiß als z. B. Catamaran, Dante, Irina oder Tocada. Das sind z. B. neue Sorten bei KWS Getreide. Auf der Homepage der Mälzerei Weyermann® lassen sich auch „Aroma Räder“ zu den einzelnen Malzsorten herunterladen, auf denen der Unterschied zum Beispiel vom Wiener Malz aus Barke im Vergleich zu einem „normalen“ Wiener Malz dargestellt werden. Und da lässt sich durchaus ein Unterschied feststellen.

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Was es mir besonders schwer macht, ist natürlich auch der Umstand, dass ich nicht sagen kann, welche anderen hellen Vollbiere eventuell noch mit Malz aus Barke gebraut werden. Also halte ich mal unter dem Strich fest: Wenn man in Bamberg ein gutes, malziges, süffiges helles Lager – meiner weltbesten Biertestergattin schmeckte es vorzüglich – sucht, kann man zum Bamberger Hofbräu Lager greifen. Und ich hoffe mal, dass das Lager erst der Anfang ist. Der alte Hofbräu Bock soll ja Dominator geheißen haben. Da böte sich doch ein neuer Hofbräu Domin(ik)ator an? Wer weiß, vielleicht kann das Malz aus Barke bei einem Bock ja noch deutlicher seine Vorzüge ausspielen?