Ich schreibe ja jetzt schon die ganze Zeit darüber, wie sich in der deutschen Craftbierszene langsam sowas wie ein eigenes Selbstverständnis entwickelt. Zu diesem eigenen Weg gehört meiner Meinung nach aber auch ein eigenständiges „Marketing“. Wer zum Beispiel die Traditionalität seiner „Craftbiere“ betonen möchte, kann nicht den jungen und urbanen „Style“ von (z. B. amerikanischen) Szenebieren kopieren. Das würde schief gehen. Andererseits darf das „Outfit“ des Biers auch nicht zu bieder daherkommen, sonst wird ein eigentlich cooles und verdammt interessantes Bier gar nicht als solches erkannt.
Sehr schön kann man diese Probleme am heutigen Bier des Tages sehen, dem Distelhäuser Blond aus Distelhausen. Für mich war die Brauerei ein Geheimtipp auf der diesjährigen Braukunst Live. „Geheimtipp“ vor allem auch deshalb, weil man hinter dem fast schon biederen Auftreten von zum Beispiel dem Distelhäuser Blond ja alles erwarten würde, nur kein gestandenes Pale Ale. Bitte, „blond“ in Verbindung mit Bier, da fallen einem doch die schönsten Klischees ein. Und wenn ehrlich bin: Als ich mal in einem Getränkemarkt ein paar Sixpacks mit Distelhäuser Blond stehen sah, hatte ich sie tatsächlich mit dem Gedanken links liegen gelassen, dass mir gerade nach allem sei, nur nicht nach einem weichgespülten, minderbehopftem Hellen Vollbier. Tja – so kann man sich täuschen.
Aber andererseist ist so ein Pale Ale in der Verkleidung einer „Biederfrau“ vielleicht das passende Bier für den heutigen Weiberfasching. Denn heute beginnt ja „offiziell“ der Straßenfasching – und wuch, wenn ich als Oberfranke traditionell eher weniger für Verkleidungen und Lustbarkeiten solcher Natur zu haben bin, kann ich noch nicht umhin, der närrischen Damenwelt ein freudiges „Franken Helau!“ zuzurufen. Und ihnen natürlich eine für diesen Tag passende Bierempfehlung mitzugeben. Und die heißt – wie gesagt – Distelhäuser Blond!
Nein, ehrlich Mädels, mal abgesehen von der 60er-Jahre-Schönheit auf dem Etikett ist das ein echtes „Gute Laune“-Bier. Blond in der Farbe, fein trüb – das könnte man sich auch im Glas ansehen. Aber ins Glas werden es die „blonden Disteln“ heute vielleicht erst am Abend schaffen. Was ein wenig schade ist, denn das feinhopfige Aroma sollte man genießen. Was mir aber am Distelhäuser Blond am besten gefallen hat, war die Trinkbarkeit – „Drinkability“ wage ich ja bei dem traditionellen Auftritt des Biers gar nicht zu schreiben. Es ist ziemlich geradlinig (wäre es moderner, schriebe ich ja „straight“, zeigt eine sehr feine Hopfenaromatik auch im Geschmack, wirkt frisch, fruchtig (ein wenig tropisch, ein wenig Pfirsich/Aprikose). Vor allem ist es nicht „extrem“ in seiner Hopfenfrucht. Es schmeckt einfach, was unter anderem auch an den geschmeidigen 35 Bittereinheiten und der „Kalthopfung“ liegt. Die liegen auf einem sehr guten Pils-Niveau, aber dank des fruchtigen Charakters und des volleren Geschmacks wirken die weit weniger „bitter“. Und weil es mit Citra und Cascade gestopft wurde, schmeckt es so fruchtig lecker. Wo ein Pils bitter nachhängt, läuft beim Distelhäuser Blond das Hopfenaroma weiter bis in den Nachhall. Die 5,1 % Alkohol tragen übrigens auch zur lässigen Trinkbarkeit des Biers bei. Schließlich soll man den Fasching feiern und sich nicht gnadenlos ins Delirium saufen! ;-)
Also Mädels, wenn ihr noch ein Bier für Rathausstürme oder Straßenzüge sucht – das Distelhäuser Blond kann ich euch nur empfehlen. Und Jungs, dieses Pale Ale ist definitiv nicht nur ein „Mädelsbier“. Im Gegenteil, mit so einer Blondine kann man als närrischer Kerl schon mal flirten. Wenn die bessere Hälfte auch an einer „nuckelt“ kommt dann auch keine Eifersucht auf.
In diesem Sinne ein dreifach „Franken Helau! Weiberfasching Helau! Distel Blond Helau!“
P.S.: Nicht nur ich finde dieses Bier gelungen. beim European Beer Star hat es im letzten Jahr Silber gewonnen und der Bierclub kürte es zum Bier des Monats Februar 2014.
P.P.S.: Um den Marketinggedanken vom Anfang wieder aufzunehmen: Als das Bier auf der Grünen Woche 2013 ausgeschenkt wurde, lief es unter dem Namen „Hopiness„, was auch kein schlechtes Wortspiel ist. Aber, wenn ich ganz ehrlich sein soll, gefällt mir Distel Blond besser. Jetzt weiß ich ja, was mich hinter dem biederen Namen erwartet. ;-)
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