Achtung! Halloween-Special beim Bier des Tages.
Nicht ganz ernst nehmen. ;-)
Als ich mich neulich nach dem 1. Craftbeer Festival in Erbshausen auf den Beifahrersitz bei meinem Kollegen gekraucht habe und mich die nur von wenigen Rücklichtern zerrissene Dunkelheit einer nächtlichen Autobahnfahrt gefangen nahm, ließ ich die Eindrücke des Tages Revue passieren. Das letzte Bier, das ich an dem Tag probiert hatte, war mal wieder so ein Fall, über den man trefflich streiten konnte. Karsten Buroh von Eppelein&Friends hatte ein paar Flaschen eines Pumpkin Ales für Halloween im Gepäck.
Das bernsteinfarbene Bier, das natürlich nicht so heißen darf, hat 4,7 % und schmeckte eigentlich gar nicht so ungewöhnlich. Zumindest nicht so „scary“ wie es der Name Scary Pumpkin versprach. Dafür war es lässig trinkbar. Die Hopfensorten, Amarillo unter anderem, hatten den Kürbisgeschmack fast schon verdeckt. Also keine extreme Kürbisbombe, sondern eher ein angenehm trinkbares, fruchtiges Ale, bei dem man dieses Gefühl hatte, das etwas anders war. Aber eben nicht genau hätte sagen können, was. So ein Kürbisbier, bei dem sich einem die Kürbisnote nicht aufdrängt. Wer weiß, da würden sogar Reinheitsgebotsfanatiker schwach werden, wenn sie es nicht wüssten …
Und während ich noch so über das Scary Pumpkin sinnierte, fiel ich in einen unruhigen, von wirren Traumfetzen durchzogenen Schlaf, in dem ein sichtlich angetrunkener Braumeister in Lederhose und mit Seppelhut einsam durch die Nacht stapfte … Er musste gerade von einer Braumesse ähnlich der gekommen sein, die ich besuchte.
Craftbiere standen dort neben ganz traditionellen Hellen, was den Mann mit dem beachtlichen Bierbauch verächtlich ausspeien ließ.
„Craft!“, stieß er zusammen mit einem Nebelwölkchen aus. „Des oanzige, was deäna hundsdamisch’n Craftbiernarrn ghöart, war, das deäna oans kräftig den Oarsch versohlen deäd!“
Immer wieder war er fassungslos durch die Reihen der Ausschankstände gewandelt, hatte immer mehr und mehr Biere gefunden, die es in seiner geliebten bayerischen Heimat doch gar nicht hätte geben dürfen. Keine Ehrfurcht hatten die Hundskrüppel! Immer verrücktere Biere hatten die aus dem Hut gezaubert und sich dabei einen Dreck um das heilige Reinheitsgebot geschert! Dabei war das Bierfest dióch extra als Loblied auf die bayerische Bierkultur ausgeschrieben worden. Nein! Da würde er sich morgen früh gleich sauber bei allen beschweren, die es etwas anging. Der Presse würde er einen geharnischten Leserbrief schreiben! Seinen Spezl beim Brauerbund anrufen und berichten, welche Sauereien er hatte erblicken müssen! Und die von der Lebensmittelüberwachung würden eine ellenlange Liste mit Bieren – er mochte sie gar nicht so nennen, aber wie sonst??? – bekommen, die schleunigst aus dem Verkehr zu ziehen wären. Nicht, dass seine schöne bayerische Heimat noch mehr mit solchen Dreck besudelt würde …
Blind vor Zorn und der danach aus Frust gekippten 7 Weißbier stapfte er durch die Nacht. Der Vollmond, der ihm seinen Weg vorbei an der alten Gärtnerei beschien, die schon vor langer Zeit den Betrieb hatte aufgeben müssen und nun als vor sich hinrottender Schandfleck den oberbayerischen Weiler verunzierte, hatte sich schon längst hinter einer düsteren Wolkendecke zurückgezogen. Aber das merkte er nicht. Auch nicht, dass das fahle Licht der Straßenlaternen langsam einen bedrohlichen, orangen Farbton angenommen hatte. In seinem Hirn schwappten Ärger und Weißbier hin und her. Am Ende, kurz bevor er hatte gehen wollen, hatte ihm jemand so ein Bier in einem Weinglas in die Hand gedrückt und er hatte es aus Reflex und ohne nachzudenken hinuntergekippt. Erst danach eröffnete ihm der „edle Spender“, dass er da ein Pumpkin Ale getrunken hätte. Er! Der Alois Winkelgruber, Postwirtbräu allhier und Verfechter der reinen Lehre!
Speien hätte er wollen, aber nicht können. So übel war das Gebräu ja auch nicht. Im Gegenteil, wenn er es nicht gewusst hätte, hätte es ihm schmecken können … Aber was nicht sein durfte, konnte auch nicht sein. Und so hatte er den Geschmack in seinem Mund mit 7 Weißbier herunterspülen wollen. Aber die Kombination aus fruchtigen Hopfen und leichter Kürbisnote wollte dem einheitlichen Weißbieraroma nicht weichen . Noch jetzt meinte er dieses Pumpkin Ale auf seiner Zunge zu spüren, zu schmecken und das Gelächter der Umstehenden zu hören.
„Der Postwirt sauft oa Kürbisbier!“
Nie wieder! Nieee wieeeeder! Das schwor er sich in dem Moment, als eine Flasche Scary Pumpkin vor seinen Füßen im gespenstisch rötlichen Lichtkegel der Laterne auftauchte. Noch verschlossen war sie. Nein, so ein Zeug wird keinen mehr verführen! So hastig es sein immenser Bauchumfang zuließ, bückte er sich, griff nach der schlanken Longneck-Flasche und schleuderte sie gegen die halb eingefallene Mauer der Gärtnerei, wo sie zerbrach und der Inhalt langsam wie Blut die Wand hinunterlief.
Da sah er sie … und sein Herz schien ihm in der Brust stehen bleiben zu wollen. Kürbisse! Dutzende Kürbisse standen auf der Mauer, die Schalen zu diabolischen Fratzen ausgeschnitten und aus ihrem Inneren wie das Feuer der Hölle leuchtend. Sie bewegten sich, tanzten hin und her, so als wollten sie … Nein, sich wollten sich nicht zum Sprung bereit machen, sie sprangen und ehe er seine enrme Leibesfülle in Bewegung setzen konnte, traf ihn schon der größte der Kürbisse an der Brust und riss ihn zu Boden. Immer mehr der orangefarbenen Ausgeburten der Pflanzenwelt kamen über die Mauer gesprungen, trafen ihn am Kopf, am Leib, drückten ihn hinunter. Der Größte aber saß immer noch auf seiner Brust, schnürte ihm die Luft ab, starrte ihn mit flackernen Augen an und erbrach plötzlich eine braune, nach Malz, Hopfen, Hefe, Gewürzen und Kürbis riechende Flüssigkeit mitten in sein Gesicht. Er hatte sich wegdrehen wollen, aber nicht können. Er hatte seinen Mund zusammenpressen wollen, aber irgendwann hatte er wieder nach Luft schnappen müssen und dann Schwall um Schwall der Flüssigkeit schlucken müssen.
Pumpkin Ale!, schoss es ihm durch den Kopf. Und in die seelenlose Nacht hinein versuchte er zu schreien.
„Unrein! Unrrr… Un…grgl…rein! Unreeeeeeeeeeeeeeeiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiinnnnnn!“
Als man den Postwirt Alois Winkelgruber am nächsten Tag fand, war nichts mehr so wie früher. Nicht, dass es das erste Mal gewesen wäre, dass für den gestandenen Biertrinker der Weg zum heimischen Bett zu weit gewesen wäre. Aber seither war der Mann verändert. Einen Bart ließ er sich stehen und modernisierte sein Sudhaus. Neben dem Weißbier und dem Hellen bot er monatliche Spezialbiere an, die witzige Namen trugen und zum Teil exotisch klangen und noch exotischer schmeckten. Die alte Gärtnerei kaufte er und ließ dort Gemüse für die eigene Gastwirtschaft anbauen. Ja, sogar einen kleinen Hopfengarten legte er an für Hopfensorten, von denen niemand zuvor gehört hatte. Und zu Halloween, so sagt man sich, soll er dort mit Freunden ein Kürbisfest gefeiert und im privaten Kreis ein Bier weit jenseits des Reinheitsgebots ausgeschenkt haben, von dem es heißt, der Teufel selbst müsse es wegen seiner feurigen Schärfe und tückischen Stärke eingebraut haben. Seinen Spezl vom Bayerischen Brauerbund soll er dazu nie eingeladen haben …
Happy Halloween euch allen!
Egal, mit welchem Bier ihr heute anstoß!
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