Meine Freunde sagen ja immer, es gebe für einen Franken nur zwei Geschmackskategorien in Sachen Bier: Schmeckt oder schmeckt nicht! So kann man es zwar sehen, aber es geht natürlich auch noch ganz anders. Man kann ea aber auch anders sehen. Zwischen sechs und acht TAUSEND Inhaltsstoffe und chemische Verbindungen sollen sich beim Bier unterscheiden lassen, beim Wein sei es dagegen nur bestefalls die Hälfte. Und so sollen sich beim Wein auch nur die Hälfte der Aromen unterscheiden lassen können wie beim Bier. Um einen da zu helfen, gibt es unzählige Hilfsmittel wie z. B. die sogenannten Aromaräder.
Die sind zwar erst mal schön und gut, aber liest man sich durch, was es da alles gibt, stutzt so mancher: Teer, verbrannter Gummi, Geranien oder gar Sellerie? So soll Bier riechen oder gar schmecken? Und das ist noch nicht alles, was sich auf besagten Rädern finden lässt.
Bei „normalen Bieren“ ist sowas tatsächlich eher seltener der Fall und würde wohl auf einen Bierfehler hindeuten. Je extremer das Bier aber ist, desto mehr muss man sich mit ungewöhnlichen und durchaus auch fordernden Aromen auseinandersetzen. Das Sweet Sixteen von Christian Hans Müller z. B. ist so ein „extremes“ Bier. Eingebraut als ein „normaler heller Doppelbock“mit schon mal 18,5 % Stammwürze durfte das Bier 9 Monate im Lagertank reifen – soll heißen: Es durfte an Alkohol zulegen. Der so gereifte „Barley Wine“ mit 7,5 % ist aber noch nicht „fertig“, denn jetzt wird er noch „eisgereift“. Bei dem so entstandenen Barley-Wine Eisbock ist der Name Programm: Bis auf 16,5 % Alkohol wird Flüssigkeit ausgefroren. Damit ist so ein Hanscraft & Co. Sweet Sixteen locker doppelt so stark wie ein gängiger Doppelbock.
Das Bier gab es bei der Braukunst Live 2015 – und es hat fasziniert und polarisiert zugleich. Da wäre zum Beispiel der Geruch. So viel Alkohol und Süße fordern ihren Tribut, was in dem Fall Alkohol ohne Ende bedeutet. Estrig, lösungsmittelartig sticht es einem in die Nase, süß, ein wenig birnig und Aceton. Kein einfacher Stoff, aber wer würde das bei einem solchen Bier erwarten? Im Geschmack findet sich dagegen nichts vom harten Geruch. Zwar schwingt dieser Alkoholgeruch „retro-nasal“ mit, aber das stört beim Trinken nicht weiter. Der Geschmack ist wie erwartet massiv, ach was brachial süß! Dazu kommt viel reife Birne –und natürlich Alkohol. Auch Bisquit, Keks, Honigbirne und Likör findet sich darin. Das ist wirklich mehr ein Dessert – Christian Hans Müller hatte wohl einen süßen Apfelkuchen im Hinterkopf, wenn ich mich recht erinnere – als ein Bier. Oder Likör. Schließlich „bebbt“ dieser Barley Wine-Eisbock, klebt also auf den Lippen.
Einfach ist dieses Bier wahrlich nicht – und es braucht einen würdigen „Gegenspieler“. Würzigen Bergkäse zum Beispiel, so einen schmierigen, reiferen. Einen, der dagegen halten kann. Vielleicht auch einen kräftigen Schinken? Schließlich reicht man in Catalonien zum „Schweinebein“ auch Cava. Oder man wartet (und hofft!!!) einfach darauf, dass Christian Hans Müller das Bier wieder auflegt, dann vielleicht mit ein klein wenig weniger Alkohol. 12 oder 14 % würden ja auch reichen, auch wenn dann der lässige Name nicht mehr passen würde. Und das Problem mit dem aggressiven Alkohol-Geruch würde sich dann auch erledigen.
jedenfalls zeigt so ein Bier, was in Sachen Eisbock geht – so als kleiner Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Kulmbacher!
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