In letzter Zeit habe ich ja viel über Marketingpolitik und die Probleme auf dem heimischen Biermarkt geschrieben. Damit ist es jetzt aber auch langsam wieder mal gut. Schließlich ist das ja nicht der einzige Grund, warum ich dieses Projekt im Jahr 2011 gestartet und bisher Tag für Tag durchgezogen habe. Was interessiert uns Franken die große, weite Welt. Hauptsache bei uns passt alles noch!
Und mit solchen Gedanken liegt man als Franke sowas von falsch! Mögen wir uns jetzt als bayerisches Anhängsel sehen, wir Franken waren und sind das Herz Europas! Udn was heute ein kleines Nest mitten im Wald ist, war entpuppt sich als einstmals von Antwerpen bis Wien, von Königsberg bis Triest bekanntes Zentrum von Weltruf! Wie? Das ist jetzt nur fränkisches Großmannsdenken eines Provinzfrankens? Mitnichten! Fragt man heute einen Münchner, Augsburger, Frankfurter, Wiener, Nürnberger oder Antwerpener nach dem Marktflecken Frammersbach im Spessart, zuckt wohl jeder mit den Achseln. Wer soll heute schon den Viereinhalbtausend-Seelen-Ort kennen. Vor fünfhundert Jahren wäre das anders gewesen. Da waren die Frammersbacher Fuhrleute die Top-Spediteure Europas. Egal, ob Fugger oder Welser – wer etwas auf den wichtigsten Routen innerhalb des Kontinents transportiert haben wollte, kam um die Frammersbacher Fuhrleute nicht herum. Auf den Hauptstrecken zwischen Antwerpen und Leipzig oder Nürnberg und Frankfurt hatten die Frammersbacher Fuhrleute zeitweise sogar ein Monopol. 2000 bis 2500 Pferde sollen die Frammersbacher Fuhrleute im 17. Jahrhundert gehabt haben, dazu insgesamt bis zu 500 Fuhrwagen – bei gerade mal eineinhalbtausend Einwohnern! Gekommen ist das alles mit der churmainzischen Jagd und dem Beginn der Glasproduktion im Spessart um das Jahr 1300. Die Jagdausrüstung des Hofstaats musste ebenso transportiert werden wie die empfindlichen Glasprodukte. Auch Holz musste transportiert werden. mit den großen Kriegen (Dreißigjähriger Krieg, Napoleonische Kriege) ging es mit dem Fuhrmannswesen immer wieder bergab. Den Todesstoß verstetzten den Fuhleuten aber die stärker werdende Mainschiffahrt und natürlich auch die Eisenbahn. Und das Welttransportzentrum „fiel in einen Dornröschenschlaf“. An die glorreiche Vergangenheit erinnern nur noch ein Museum und die Fuhrmann’s Weisse …
Auf dem Etikett der für die Waldschloss-Bräu in Frammersbach hergestellten Fuhrmann’s Weisse findet man übrigens einen echten Frammersbacher Fuhrmann. Die Vorlage ist ein Holzschnitt von Jost Amman aus Hans Weigels Trachtenbuch Habitus praecipuorum populorum tam virorum quam faeminarum aus dem Jahr 1577. Auf Tafel LXXI findet sich dort der typisch „Auriga Flammerspachensis“ (sic!). Sowas gefällt mir natürlich deutlich mehr als so manches Fantasie-Etikett, das auf „Pseudotradition“ macht. Aber außerhalb von Frammersbach wird das keinem weiter auffallen. Unnützes Wissen sozusagen. Aber ihr wisst’s jetzt jedenfalls. Ehrlich gesagt, gefällt mir das so sehr, dass ich darüber ganz die Recherche nach der Brauerei vergesse, die das Bier eigentlich braut. Jedenfalls steht auf dem Etikett ganz klar: „Hergestellt für: “
Aber zurück zum Bier. Ein helles Weizen ist es, mit 4,8 % auch eher am unteren Ende angesiedelt, was den Alkohol angeht. Riecht man am Weizen, ist man kurz irritiert. Hopfen? Citrus? Neben der typischen Hefe ist da noch etwas anderes, etwas Fruchtiges. Jedenfalls nichts Abstoßendes. Auch im Geschmack meine ich eine feine Hopfennote zu schmecken. Das ist interessant und nicht unbedingt typisch für ein Weizen. Sonst ist es weich, mürzig, typisch hefig und nicht unangenehm. Überhaupt nicht unangenehm! Interessant macht es vor allem die feine Citrusnote. Und die Geschichte. Aber von der weiß ja heute kaum mehr jemand etwas. Und auch deshalb schreibe ich diesen Blog … ;-)
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