So, jetzt ist’s aber erst mal genug mit den ganzen Bock- und Festbieren. Die schmecken zwar zumeist vorzüglich, sind vollmundig, stärker im Alkohol und nicht selten auch im Geschmack. Aber sie machen wohl nicht die Mehrzahl der produzierten und verkauften Biere aus. Zumindest, wenn man sich in den Getränkemärkten so umschaut, gibt es eine “Biergattung”, die immer und überall herumsteht, die aber in der Presse, in Bierbüchern oder Blogs wie diesen in der Regel vollkommen unter den Tisch fällt:

Es geht ums Billigbier!

Und ich rede jetzt nich von Oettinger und seiner Funktion als Preistreiber nach unten. Denn Oetttinger zieht das, was jeder macht, nur konsequent und öffentlich als seine Marktstrategie durch. Aber kaum eine Brauerei mit einem ein wenig höheren Ausstoß verzichtet heute auf eine eigene “Billiglinie”. Offen kommuniziert wird das allerdings kaum. Da stehen Handels- oder Vertriebsgesellschaften auf den Etiketten, aber kaum die entsprechenden Brauereien. Im Falle des heutigen Turmherren Urhell steht als Vertriebsgesellschaft die ehemalige Weiss Rössl Bräu in Roßstadt/Eltmann. Die wurde 1744 gegründet, 1989 von der Kaiser Bräu aus Neuhaus übernommen und der Braubetrieb 2001 endgültig stillgelegt. Seither werden Weiss Rössl- und Turmherren-Biere von der Kaiser Bräu hergestellt. Und letztere findet man für wenig Geld in vielen Getränke- und Supermärkten, selbst da, wo sich die “teureren” und wertigeren Veldensteiner-Biere nicht finden lassen.

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Nun folgen viele Biertrinker in Sachen Bier der Werbe-Maxime: Hauptsache gut und günstig. Günstig sind diese Biere auf jeden Fall. Aber sind Biere wie das Turmherren Urhell auch gut? Das gilt es heute zu testen. Dass Hopfenauszüge unter den Zutaten steht, kann kaum als Qualitätsminus gelten. Mit Extrakt wird mittlerweile nahezu überall gebraut. Und nur so manche Craft- und Biobrauer verzichten darauf. In den Zutaten unterscheidet sich ein Turmherren Urhell also überhaupt nicht von so manchemlkoholgehlat lässt sich kein Makel finden. 5,0 % Alkohol und eine schön helle Farbe lassen keine Rückschlüsse darauf zu, ob man jetzt ein teures oder ein billiges Bier in der Hand hält. Der Geruch ist fast ein wenig zu süßlich, obwohl der Hopfen kurz aufblitzen darf. Geschmacklich fand ich es auf den ersten Blick lasch. “Da haben sie vergessen, das Bier reinzutun”, würde ein Freund von mir zu solchen Bieren sagen. “Würde”, denn trinken würde er das Turmherren Urhell nicht. Der Grundcharakter ist hellmalzig, süßlich. Der Hopfen darf hier und da mal aufflackern, aber das reicht nicht, um dem Bier Substanz zu geben. Da “hat der Spaß ein Loch”. Da kommt bis zum Abgang zu wenig. Das schmeckt ein wenig unrund, aber nicht wirklich “übel”, aber mehr als trinkbar kann man es auch nicht nennen. Vielleicht kommt dieser Eindruck daher, weil ich beim Testen ja durch das “Stigma” des Billigbiers voreingenommen bin.

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Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, im nächsten Jahr mal verstärkt die Billigschienen größerer und kleinerer Brauereien sowie die ganzen Handelsmarken in Franken näher zu beleuchten. Und dazu gehört vielleicht auch das eine oder andere “Plastikbier” aus dem Discounter. Gerüchteweise sollen auch da zum Teil fränkische Brauereien ihre Finger im Spiel haben. Mal sehen, was sich da herausfinden lässt …