Gestern hatte ich ja schon mal angedeutet, dass das mit dem Bio-Label und dem Reinheitsgebot eine zwiespältige Beziehung ist. Man liest zwar immer wieder, dass die Spezialisierung auf Bio-Biere eine Chance gerade für kleinere Brauereien darstelle, aber so einfach scheint das nicht zu sein. Ich habe nämlich für das heutige Bier des Tages ein wenig über die Brauerei Michael im hochfränkischen Weißenstadt recherchiert und die Puzzlesteine, über die ich gestolpert bin, geben da ein durchaus widersprüchliches Bild.

Premium Pils

 

Aber erstmal kurz zum heutigen Bier, dem Michael Premium Pils aus Weißenstadt, bzw. eigentlich mittlerweile aus Bayreuth. Denn wie das Rückenetikett einen aufklärt, wird das Bier mittlerweile bei der Brauerei Maisel für die Brauerei Michael hergestellt. Das passt zu den Angaben, die sich in der bekannten Lechners Liste  und in Boris Brauns Bieratlas zur Brauerei Michael finden lassen. Dort steht in beiden Fällen, dass der Braubetrieb eingestellt worden sei. Bei Georg Lechner steht als Datum Juni 2010. Bierland Oberfranken und bier.by verzeichnen die Brauerei dagegen noch als aktiv und geben als Sorten nur die Luchs Bio-Biere an. Das klassische Premium Pils, das übrigens nicht nach Bio-Standard gebraut wird, fehlt dort ebenso wie die Biere der Bierwerkstatt. Interessanterweise sind aber genau diese beiden Biere – das Premium Pils und ein Bierwerkstatt-Bier – als Sortiment auf der Homepage der Brauerei dargestellt.

Schaut man sich das Premium Pils an, hat man ein Bier vor sich stehen, das auf der einen Seite zwar nicht schlecht ist, aber auf der anderen Seite auch nichts wirklich Besonderes ist. „Naja, ein fränkisches Pils halt“, mag man sich beim ersten Schluck denken. Fast schon ein wenig süß startet das goldgelbe Bier mit seinen 4,9 %. Das Hopfenaroma ist nicht zu aufdringlich, das schlanke Bier bewegt sich aromatisch zwischen Heu, Gras und Getreide. Allerdings fehlt es ihm – typisch fränkisch möchte man sagen – an der pilsigen Bittere. Trinkt sich lässig, hinterlässt aber wenig Eindruck.

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Um mehr Eindruck zu hinterlassen und um im hart umkämpften Biermarkt ein eigenständiges Profil zu bekommen, hat man sich 2004 entschlossen, auf Bio-Biere und den Luchs zu setzen. Das sah, darf man Berichten der Frankenpost glauben, nach einer Erfolgsgeschichte aus. Schließlich räumte die Brauerei bei den best-of-bio-Awards ab. Aber warum dann die Hinweise auf eine Brauereischließung ein paar Jahre später? In Boris Brauns Bieratlas wird die Bierwerkstatt sogar als „Neu“ und nicht als Fortführung  beschrieben.

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Nun, da kommt das Reinheitsgebot ins Spiel. Dem vertrauen die einheimischen Biertrinker, genauso wie auch den anderen Mittelständischen Brauereien in Franken. Ein Bio-Bier alleine macht keinen direkten Wettbewerbsvorteil in der Region. Auf der Homepage des Landbierparadieses liest sich das so:

Warum denn Bio Bier ?
Die fränkischen Landbiere sind doch alle nach dem Reinheitsgebot gebraut !
Natürlich !
Unsere Brauer sind noch der handwerklichen Brautradition verpflichtet. Sie verwenden „genfreie“ Rohstoffe, keine Stabilisierungsmittel und keine Chemie.

Das passt zu einer Aussage, die ich in einem Artikel in der Frankenpost von 01.07.2009 gefunden habe. Da sagt Braumeister Herrmann Michael anlässlich des Besuchs der Grünen-Politikerin Theresa Schopper, dass sich der Absatz von Jahr zu Jahr zwar verdoppelt habe, aber den „wenigsten Absatz machen wir im Landkreis Wunsiedel“, fügte Hermann Michael hinzu. Die Märkte lägen großteils im Norden und Osten Deutschlands, so auch in Berlin.
Und da dürfte der Hase im Pfeffer liegen. Immer mehr und vor allem größere Brauereien drängen erfolgreich auf den Bio-Markt. Und ohne den Absatz auf dem heimatlichen Markt dürfte es für eine kleine Brauerei schwer sein, außer man geht einen ganz anderen Weg. Aber darüber schreibe ich morgen …